Wolfgang Nehse: Der Mann hinter BMWs stärksten Herzen
- Karsten Arndt
- vor 2 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Von BMW Motorrad bis zum McLaren F1: Wie ein Berliner Bub mit einem alten Käfer zum Motorenvisionär wurde

Wenn Wolfgang Nehse von seiner Karriere erzählt, wird schnell klar: Hier spricht keiner, der am Schreibtisch geblieben ist. Nehse war nicht nur Zeuge, sondern treibende Kraft hinter einigen der faszinierendsten Motorenprojekte der BMW-Geschichte. Vom legendären S14 im M3 E30 über die ersten Hochdrehzahl-Sechszylinder im E36 bis hin zum ikonischen V12-Triebwerk des McLaren F1 – Nehse war mittendrin.
„Ich hab mit 14 Jahren angefangen, Segelfliegen zu lernen.“
Seine technische Neugier begann früh. Die Liebe zum Motor kam nicht über die Familie – „meine Eltern hatten nichts mit Autos zu tun“ –, sondern über den Innenhof eines Hauses in München. Dort schraubte ein Mechaniker an Mercedes-Fahrzeugen, was er als Kind Wolfgang fasziniert beobachtete. Mit dem Segelflug ging es los, später folgte der erste Käfer zum Einrollen der Zugwinde – samt Überschlag auf dem Flugfeld.
Vom Motorrad zur M GmbH
Nach dem Maschinenbaustudium in Karlsruhe stieg Nehse bei BMW Motorrad ein, wo er an der K-Baureihe mitarbeitete. Doch seine wahre Bühne fand er bald bei BMW Motorsport.
In den 80er-Jahren übernahm Nehse Verantwortung für die Motorenentwicklung der M GmbH. Der

M3 E30 mit seinem S14-Vierzylinder war sein erstes großes Projekt. „Der Vierzylinder hat uns die Teile fast abgeschüttelt – wir mussten ganz neue Lösungen finden, damit das Ding hält.“ Eine davon: ein elastisch gelagerter Drosselklappenflansch.
„Rosche hat nie ‚Ich‘ gesagt – immer nur ‚Wir‘.“
Mit Paul Rosche, dem Vater der BMW-Motoren, arbeitete Nehse eng zusammen. „Er war jeden Morgen um acht Uhr da, hat zugehört und gesagt: ‚Dann machen wir’s so.‘“ Diese Kultur der kurzen Wege und klaren Entscheidungen prägte die Erfolgsgeschichte der M-Motoren. Das Ergebnis: 238 PS aus 2,3 Litern – und das mit Stahlventilen und Serien-Kurbelwellen. Was Porsche damals mit 3,6 Litern erzielte, schaffte BMW mit vier Zylindern.
S50, S54 – und der Techniksprung

Mit dem E36 M3 kam der erste M-Reihensechszylinder für die Straße – inklusive zweigeteiltem Zylinderkopf und eigener Hochdruck-VANOS. Nehse: „Das System war sauschnell. Und ja, wir waren vor der Serie dran.“ Die Integration von Hochtechnologie, wie Metallkats oder hydrogeformten Fächerkrümmern, zeigte: Hier arbeiteten Entwickler mit Benzin im Blut.
Auch die Elektronik entwickelte BMW Motorsport selbst: „Der E-Prom kam morgens unterder Tür des Hotelzimmers durchgeschoben.“ Später kamen eigenentwickelte Steuergeräte – ein echter Technologiesprung.
Der McLaren F1 – das Kronjuwel
Was folgte, war die Entwicklung eines S70/2 V12-Saugmotors mit rund 630 PS – ohne Aufladung. Der McLaren F1 wurde zur Ikone. Doch auch die Erprobung war Abenteuer pur: „In Südafrika ist einer meiner Leute mit 300 Sachen abgeflogen. Zum Glück ist nichts passiert.“

Wolfgang Nehse und die luftgekühlte Zukunft
Nach einem Abstecher in die Getriebentwicklung bei BMW widmet sich Wolfgang Nehse heute einem neuen Kapitel – dem Umbau moderner Wasserboxer-Porschemotoren auf luftgekühlt, zusammen mit der Firma REEN. Auch hier: ein echtes Entwicklerprojekt mit Herzblut und ein faszinierendes Fahrzeug.
(Mehr Infos hier: https://reencars.com/rsgt/)
„Ich glaube, dass die Leute merken, ob ein Auto von Enthusiasten gebaut wurde.“
Mit dieser Einstellung hat Wolfgang Nehse über Jahrzehnte Automobilgeschichte geschrieben – leise, präzise, leidenschaftlich. Ein Ingenieur, wie man ihn auch heute nur in homöopathischen Dosen findet.
Die Folgen mit Wolfgang Nehse – jetzt anhören:
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