Uwe Alzen: Der letzte echte Racer
- Karsten Arndt
- 1. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Mai
Vom Westerwälder Hühnerstall auf die größten Rennstrecken der Welt – und immer mit offenem Visier. Ein Porträt über einen, der nie den einfachen Weg gewählt hat.

Er war nie der diplomatischste, nie der stromlinienförmigste – aber einer der Schnellsten. Uwe Alzen, geboren 1967 im beschaulichen Betzdorf im Westerwald, ist ein Relikt aus einer anderen Motorsport-Zeit. Einer Ära, als Schrauber noch keine Ingenieure waren, auf dem Anhänger übernachtet wurde und Persönlichkeit auf der Strecke wichtiger war als glattgebügelte PR-Statements.
Heute blickt Alzen zurück auf eine Karriere, die ihn aus einfachsten Verhältnissen auf die größten Bühnen des Motorsports führte: DTM, ITC, Porsche Carrera Cup, STW, Le Mans – und immer wieder zurück zur Nordschleife, seinem zweiten Wohnzimmer.

Kindheit im Westerwald: Benzin statt Taschengeld
Alzen wuchs bodenständig auf. "Wir hatten am Anfang eine Hühnerfarm", erinnert er sich. "Die Hühner sind irgendwann raus, die Autos rein." Bereits als Kind entwickelt er ein außergewöhnliches Gefühl für Fahrzeuge. Erste Drifts fährt er im Goggomobil und später im VW Käfer auf einer riesigen Wiese vor dem Haus. Kein Go-Kart-Programm, keine Karriereplanung, nur Leidenschaft und Instinkt. Motorsport war für ihn früh nicht nur Spaß, sondern ein Fluchtpunkt. "Wenn mein Vater den Motor gestartet hat, bin ich in der Schule unruhig geworden. Ich musste einfach dabei sein."
Von der Wiese zur Nordschleife – und weiter zum großen Kredit
Der Schritt in den professionellen Rennsport war nicht glamourös. Während andere junge Talente von Herstellern oder reichen Eltern gefördert wurden, finanzierte Alzen seine Karriere selbst – mit Krediten und Tricks.
"Mission Impossible, aber der Becker hat mir tatsächlich das Geld gegeben."
Der Betzdorfer Sparkassenberater wurde zu einem inoffiziellen Förderer. Fahrzeugbriefe verunfallter und verschrotteter Autos dienten als Sicherheit für die ersten eigenen Renneinsätze auf der Nordschleife und im Porsche Carrera Cup. Der Erfolg gab ihm recht: 1992 gewann Alzen den Carrera Cup und schob sich in den Fokus der DTM-Macher.

DTM: Zwischen Traum und Teampolitik
1993 folgte die Beförderung. Alzen wurde Semi-Werksfahrer bei Mercedes. Dort traf er auf Ikonen wie Bernd Schneider und Klaus Ludwig. Letzterer war für Alzen stets Vorbild und später auch Teamkollege.
"Klaus war für mich die absolute Benchmark."
Die Jahre bei Mercedes waren prägend – aber auch ein Lehrstück in Sachen Teamhierarchie. "Du konntest nicht einfach mit dem Kopf durch die Wand", sagt Alzen. Trotzdem setzte er immer wieder Ausrufezeichen. 1995 etwa beim Saisonfinale in Hockenheim, als er mit einem Vorjahresauto gegen die Werkspiloten auf das Podium fuhr.
Doch das Werksleben hatte Schattenseiten. Alzen wollte mehr als Wasserträger sein, die Chance blieb ihm jedoch verwehrt. Als Opel anklopfte, wechselte er 1996 zu den Rüsselsheimern
Hightech-Wahnsinn ITC – und ein neues Zuhause bei Opel
Die ITC war technisch und finanziell ein Extrem. 130 Millionen Mark verbrannte Opel in der letzten Saison. Alzen wurde Teil der Zakspeed-Truppe und bekam Klaus Ludwig erneut als Teamkollegen.
Trotz großem Aufwand endete die Serie sang- und klanglos. Alzen blieb Opel treu und wechselte in die Super Tourenwagen Meisterschaft (STW) – ein Neustart mit Frontantrieb, weniger Leistung, aber nicht weniger Ehrgeiz.
Wenn ihr Uwe Alzen im Renneinsatz sehen wollt, dann werden Mitglied auf meinem YouTube-Kanal und erlebt alle Rennen der
DTM bis 1995 in voller Länge.
STW-Drama 1999: Der verlorene Titel
Die STW-Saison 1999 sollte für Alzen zur Tragödie werden. Nach einem beinharten Jahr sah er beim Saisonfinale wie der sichere Meister aus. Doch der Titel wurde ihm am Grünen Tisch aberkannt. Bis heute ist dieser Moment tief in Alzen eingebrannt. Er spricht ohne Verbitterung, aber auch ohne zu beschönigen über diesen Karriereknick. "Der Moment gehörte mir – auch wenn sie ihn mir später genommen haben."

Der Typ, der er immer war – und der, der er bleiben wollte
Was Uwe Alzen auszeichnet, ist nicht nur seine fahrerische Klasse. Es ist auch seine Haltung. Immer direkt, immer authentisch. Die "Compliance-Welt" des heutigen Motorsports sieht er kritisch.
"Heute kriegst du Weihnachtsgeschenke zurückgeschickt.
Die haben eine komplette Vollmeise."
Alzen ist ein Mann der klaren Worte und der klaren Linie. Auf die Frage, ob er sich heute besser angepasst hätte, antwortet er trocken: "Ich wollte mich nie großartig verstellen. Ich wollte einfach der sein, der ich bin."

Uwe Alzen – Zwischen Legende und Außenseiter
Uwe Alzen ist der Inbegriff des ehrlichen Racers. Einer, der nie von Talentschmieden ins Cockpit gehoben wurde. Einer, der für jeden Erfolg kämpfen musste – und es dennoch bis ganz nach oben geschafft hat.
Die Geschichte von Uwe Alzen ist auch die Geschichte eines Sports, der sich über die Jahrzehnte gewandelt hat. Sie endet nicht mit Werksverträgen oder PR-Terminen. Sie endet (vorerst) in Florida, wo er heute lebt, aber regelmäßig in Europa Rennen fährt – einfach, weil er es liebt.
Highlights in Teil 1 (bis 1999)
Kindheit im Westerwald zwischen Hühnern und Hecktrieblern
Kreditfinanzierter Aufstieg in Porsche- und Langstreckenrennen
Semi-Werksfahrer bei Mercedes und Rivalität mit Klaus Ludwig
ITC bei Opel: Hightech und Teamduelle auf Weltklasse-Niveau
STW-Finale 1999: Der verlorene Titel und ein unvergessener Moment
Teil 1 mit Uwe Alzen – jetzt anhören:
Alternativ anhören auf: Spotify | Apple Podcasts | YouTube
Teil 2 der großen Alzen-Story mit folgenden Themen:
Le Mans und GT1: Als Porsche-Werksfahrer auf der großen Bühne
Nürburgring 24h: Gesamtsiege und Regenschlachten
Späte Karriere: GT3, Privatteams und der Abschied als Gentleman Driver
Alzens Blick auf den heutigen Motorsport: Compliance, Helikopter-Eltern und fehlende Typen
Teil 2 mit Uwe Alzen:
Alternativ anhören auf: Spotify | Apple Podcasts | YouTube | Amazon
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Alzen war wirklich einer der letzten Typen mit Ecken und Kanten im Motorsport. Kein Social-Media-Lächeln, keine glattgebügelten Interviews – einfach nur Vollgas. Gerade wenn man sich anschaut, wie technisch und steril heute alles geworden ist, wirkt seine Karriere fast schon romantisch. Und apropos Racing: wer selbst mal ein bisschen Adrenalin spüren will, aber nicht gerade einen Porsche GT3 zur Hand hat – bei 1xbet gibt’s solide Motorsport-Wetten, auch auf Klassiker wie die Nordschleife.